Menschen aus der Ukraine benötigen sicheren Hafen

Die größten Herausforderungen in Bezug auf die Ukraine-Flüchtlingskrise waren das Thema von (v.l.n.r.) MdL Dr. Harald Schwartz, Alona Baumbach, Thomas Boss und Oberbürgermeister Michael Cerny. Foto © Susanne Schwab, Stadt Amberg

Allen Helferinnen und Helfern danke zu sagen, vor allem aber auch gemeinsam zu überlegen, was noch getan werden kann, um die richtigen Weichen für die Aufnahme und Integration der ukrainischen Flüchtlinge in Zukunft zu stellen, war der Anlass für ein Zusammentreffen von CSU-Landtagsabgeordnetem Dr. Harald Schwartz, Oberbürgermeister Michael Cerny, dem stellvertretenden Sozialreferenten und Jugendamtsleiter der Stadt Amberg Thomas Boss sowie Alona Baumbach, die stellvertretend für die vielen ehrenamtlichen Unterstützer aus allen Bereichen eingeladen war.

Frau Baumbach hatte die Menschen, die aufgrund des Krieges aus ihrem Heimatland fliehen mussten, von Anfang an begleitet und konnte auch aus ihrer eigenen Erfahrung Tipps und Hinweise geben, was bei der weiteren Planung berücksichtigt werden sollte. Aber auch OB Michael Cerny und Thomas Boss konnten bereits wichtige Erkenntnisse beisteuern, die man in der jetzigen Situation hatte sammeln können. So habe sich relativ schnell gezeigt, dass es sich bei einem Großteil der Neuankömmlinge um Kinder handle, die – auch aufgrund der traumatischen Erlebnisse – dringend einer Betreuung bedürfen.

Dabei werde es nicht einfach, die Kinder in den Kindertageseinrichtungen und Schulen aufzunehmen, zumal gerade in Sachen Kinderbetreuung schon jetzt eine Lücke vorhanden ist. Oberbürgermeister Michael Cerny gab deshalb seiner Hoffnung Ausdruck, dass der Betreuungsschlüssel temporär angehoben wird, um eine Eingliederungsmöglichkeit für die Kinder zu schaffen. „Nur dann gelingt es uns, sie in den bestehenden Einrichtungen unterzubringen – eine große Herausforderung, die aber auch Chancen eröffnet“, so der Amberger OB.

Alona Baumbach riet weiter dringend davon ab, sogenannte Welcome-Klassen einzurichten, in denen die ukrainischen Kinder separat unterrichtet würden und zum Großteil unter sich seien. „Integration funktioniert nur, wenn die Kinder einzeln in bestehende Klassen eingegliedert werden“, betonte sie, wie die beiden anwesenden Politiker wohl wissend, dass damit weitere Herausforderungen verbunden sind. Die Frage des Landtagsabgeordneten Dr. Schwartz, was jetzt als drängendste Maßnahme in Angriff genommen werden müsste, beantwortete sie mit dem Hinweis auf die seelischen Nöte der jungen Geflüchteten.

„Viele von ihnen sind alleine oder nur mit ihren älteren Geschwistern gekommen, weil die Eltern das Land nicht verlassen dürfen. Sie sind daher voller Angst und brauchen schnell einen sicheren Hafen“, erläuterte die gebürtige Ukrainerin, die bereits seit vielen Jahren in Deutschland und Amberg lebt. Ein Ziel müsse es daher sein, schnell die Verbindung zu den Amberger Vereinen herzustellen, denn Sport verbindet und kann so manche Sprachbarriere überwinden.

Auch die Kirchen, allen voran die Paulaner- und die israelitische Kultusgemeinde, haben nach den Worten von Alona Baumbach bereits Verantwortung übernommen und Familien zu sich geholt. Zudem sei auch die Bereitschaft in der Bevölkerung, die aus der Ukraine geflohenen Menschen bei sich aufzunehmen, beispiellos und nicht hoch genug zu bewerten, machte Thomas Boss in diesem Zusammenhang deutlich. Die Tatsache, dass viele zwangsläufig nur eine Übergangslösung bieten könnten, mache es aber notwendig, mittelfristig neue Unterkunftsmöglichkeiten für sie zu schaffen.

Inzwischen hat die Stadt Amberg bereits rund 200 Menschen registriert, die in solchen privaten Unterkünften untergebracht sind. Die Dunkelziffer liegt nach Schätzungen der Behörde jedoch noch weitaus höher. Hinzu kommen nun die Flüchtlinge, die am vergangenen Samstag und Montag mit Bussen von Regensburg nach Amberg gekommen sind. „Für sie muss nun möglichst schnell Wohnraum gefunden werden“, betonte Thomas Boss und sprach damit eines der drängendsten Probleme an, vor denen die Behörden aktuell stehen.

Ein weiteres Anliegen war es Dr. Harald Schwartz, den geflohenen Erwachsenen möglichst rasch einen Arbeitsplatz anbieten zu können. „Unsere Unternehmen suchen händeringend Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Auszubildende. Sie sollten daher aktiv auf die Menschen zugehen und sich den Menschen aus der Ukraine vorstellen“, appellierte er an die Wirtschaft, die Initiative zu ergreifen. Gemeinsam entwickelte sich die Idee, unter der Leitung der IHK, der Handwerkskammer und der Arbeitsagentur eine Jobbörse auf die Beine zu stellen, um die Kontakte möglichst rasch herstellen zu können.

Parallel dazu werden derzeit bei der Stadt Amberg die Strukturen geschaffen, um den Geflüchteten Unterstützung auf allen Ebenen zu leisten. „Deshalb wäre es jetzt ganz besonders wichtig, dafür die finanzielle und personelle Ausstattung zu bekommen“, verdeutlichte Oberbürgermeister Michael Cerny und verwies darauf, dass die aktuell mit dieser Aufgabe betrauten Beschäftigten der Stadt Amberg bereits bis zum Anschlag im Einsatz sind. „Jetzt liegt es an der Politik, dafür zu sorgen, dass die Hilfe auch leistbar ist und bleiben kann“, ergänzte der Landtagsabgeordnete der CSU.

Er verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Bayerische Staatsregierung für die Flüchtlingsunterbringung eine Milliarde Euro bereitgestellt habe, wobei diese Angelegenheit in die originäre Zuständigkeit des Bundes falle. „Ich erwarte mir daher eine Erstattung der Finanzmittel durch die Bundesregierung“, bekräftigte Dr. Schwartz und richtete in diesem Zusammenhang ein umfassendes Dankeschön an die Kommunen, die vor Ort die ganze Arbeit zu schultern hätten.

Alle Anwesenden nahmen diesen Hinweis zum Anlass, Andrea Schröther, Koordinatorin für kommunale Integrationspolitik bei der Stadt Amberg, und ihrer Kollegin Ramona Lettner nochmals namentlich für ihren Einsatz zu danken. „Sie haben in Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen wirklich Großartiges geleistet“, konstatierten übereinstimmend Alona Baumbach und Oberbürgermeister Michael Cerny, bezogen aber auch alle weiteren Helferinnen und Helfer in dieses Dankeschön mit ein.

(su)